Vorwort von Carlos A Heuser
Der folgende Text ist eine Autobiographie von meine Großtante Hedwig Textor Trein. Sie wurde erfasst als Hedwig 90 Jahre alt war. Die Familie Textor auswanderte 1851 aus Pommern nach Brasilien.
Das Original ist ein deutsches Manuskript und wurde von Erna Ertel Krahe ins Portugiesische übersetzt. Ich habe es zurück ins Deutsche übersetzt.
Die Biografie erzählt viele Fakten über Hedwigs langes und geschäftiges Leben. Die Autorin unterteilt ihre Biografie in sogenannten „Serien“, als wären es kurze Kapitel. Die Reihenfolge der Erzählung ist chronologisch, aber man kann erkennen, dass sie die Fakten berichtete, als sie sich an sie erinnerte, da sie manchmal zu einem bereits diskutierten Thema zurückkehrt. Es ist schön zu sehen, wie sie manchmal ein portugiesischer Ausdruck in der Erzählung vermischt.
Hedwig wurde 1847 geboren und war daher weniger als vier Jahre alt, als die Familie 1851 einwanderte. Was sie über ihre frühe Kindheit in Deutschland und Brasilien erzählt, muss also mehr von dem stammen, was sie von Familienangehörige gehört hat, als von ihrer eigenen Erfahrung .
In der Literatur zur Einwanderung in Südbrasilien gibt es mehrere Berichte über Einwanderer, die mit Unterstützung der kaiserlichen oder Provinz-regierung nach Brasilien kamen, hier Land erhielten und sich als Bauern niederließen. Es waren oft ärmere Familien, denen es schwer fiel, hier ein Leben aufzubauen. Das Land befand sich mitten im Wald, weit weg von jeder Stadt. Die gesamte Infrastruktur musste von der ersten Generation von Einwanderern aufgebaut werden, die sich in erster Linie dieser Aufgabe widmeten. Ein gutes Beispiel ist das meines Ururgroßvaters Christian Heinrich Behncke (sihe hier und hier), der auch 1851 auswanderte.
Bei der Familie Textor handelt es sich um spontane Einwanderer, die mit eigenen Mitteln ohne staatliche Subventionen ankamen. Hier findet man nicht der heldenhafte Pionier, der sich im Urwald niederlässt. Im Gegenteil, hier handelt sich um eine Familie, die in kurzer Zeit nicht nur in das Wirtschaftssystem der Provinz integriert wurde, sondern auch Verbindungen zur lokalen Elite, die offenbar die neuen Einwohner akzeptierte und integrierte, herstellen konnte.
Interessant ist auch, dass die Einwanderer weiterhin mit ihrer alten Heimat in Kontakt blieben, was durch den Austausch von Korrespondenz, Geschenken, Reisen nach Deutschland, und sogar eine Erbe von der dort gebliebenen Familien belegt wird.
Von diesem Punkt an beginnt die eigentliche Biographie von Hedwig. Ich habe einige Notizen in den Text eingefügt (sie sind kursiv markiert), um das Verständnis zu erleichtern.
Carlos A Heuser, Februar 2021
Ob es meinen lieben Nachfolgern interessieren wird, meinen verflossen Lebenslauf und Schicksale zu lesen, weiß ich ja nicht. Wenn sie es möchten, dann bitte sie, nachdem sie es gelesen haben, meinen einzigen geliebtes Kinde Alice Trein Hoffmann es zu übergeben, welcher ich dieses Gedenken zueigne.
Animiert für dieses Aufschreiben wurde ich von einige meiner besten Freundinnen.
Ich wurde am 3. September 1847 im sogenannten „Bluecherschloss“ in Schönwalde geboren. Dies, das früher eine Burg war, war damals das „Amthaus“ von Schönwalde in Pommern, und mein Vater war der Amtmann. Mein Vater war ein großer, gutaussehender Mann. Ein gemaltes Bild meiner Mutter und meines Vaters befindet sich heute noch in Vila Clara im Haus meines Schwagers Viggo Thompson. Obwohl ich die einzige noch lebende Tochter bin, wollte er mir dieses Gemälde nicht geben, nachdem meine Schwester Clara gestorben war. Er hat es meiner Nichte Eugenie Heuser, geboren von Schwerin, versprochen, aber jetzt ist auch sie gestorben.
Es ist bekannt, dass meine Mutter aus einer sehr guten Familie stammte, der Familie Richter aus Berlin. Ihre Ausbildung war sehr gut. Sie studierte Sprachen, Musik, Deklamation und Kunsthandwerk, was ihr später hier in Brasilien sehr half, die Schicksalsschläge zu überwinden. Die Verwandte aus Deutschland schickten ihr oft Schmuck, Kleidung, Leindamast usw. Nach dem Tod meiner Eltern hörten wir nicht mehr von ihnen. Eine Bekannte, die nach Deutschland reiste, sagte, dass ihr mitgeteilt wurde, dass die wohlhabende Witwe, die Schwester meiner Mutter, in die Hände von Erbschleichern gefallen sei und dass das Vermögen verschwunden sei. (auch gut)
Mein Vater, Adolf Friederich Textor, stammte aus der Familie von Frau Rath Goethe, die Goethes Mutter war. In Deutschland gab es nur eine Textor-Familie. Seit ich klein war, war ich stolz darauf, ein Nachkomme der Familie von Goethes Mutter zu sein, auch eine Textor zu sein. (Anmerkung: Ich konnte diese angebliche Verwandtschaft zu Goethes Familie nicht überprüfen)
Ich weiß nicht, warum meine Eltern ausgewandert sind, da sie in Pommern ein Landgut geerbt hatten. Für meinen Vater war es sicherlich schwierig, Landwirt zu sein, da er sehr unter offenen Wunden an den Beinen litt. Er sagte immer, dass als 17-Jähriger bei Napoleons Invasion in Russland mit marschieren musste. Zum Glück trat er erst am Ende der Kampagne ein. Die harten Stiefeln verwundeten sein Bein schwer. Die dadurch entstandenen Wunden heilt nie ganz, und auch mit großer Sorgfalt nach kurzer Zeit öffneten immer wieder. (Anmerkung: Nach meiner Forschung hatte Adolf Textor nicht das Landgut geerbt, sondern dessen Erbpächter – siehe hier)
In der Folge, in einzelnen Serien versuche ich meine Erinnerungen mit Trauerfällen und Freudefällen und sonstige Erlebnisse aufzuschreiben, unabhängig von einander.
Serie Nummer 1
Die früheste Erinnerung als dreijähriges Kind ist, dass ich in Schönwald ein Kindermädchen namens „Tine“ hatte. Wir saßen auf einer roten Bank, und sie trug eine gelb gestreifte Schürze. Die Bank kippte um und verletzte meinen Zehennagel, der an einer Hautschnur hing. Dieser große Zehennagel wurde steif und ich gab diesen Defekt weiter an meine Kinder.
Ich weiß nicht, wie die Abreise gewesen ist. Ich weiß nur, dass wir sechs Brüder waren:
Theodor war Herzkrank und sollte nach ein warmes Klima.
Ich weiß, dass ich in Hamburg weggelaufen bin, mich jemand getragen hat und immer nach dem Namen meines Vaters gefragt hat, bis er meine Familien gefunden hat.
Wir bestiegen das Segelboot. Neben unserer Familie gab es drei weitere Familien, die ebenfalls nach Santa Cruz gingen: Kliemann, Verlang und Neumann. Die Nachkommen dieser Familien sind noch heute dort gut gelegene „Cidadões“ (Bürger).
Der Schiffs-Kapitän schenkte mir eine kleine Tüte geröstetes Brot, die ich immer bei mir hatte. Ich erinnere mich gut, dass mein Bruder Theodor auf der Reise gestorben ist, und dass alle Seeleute und Offiziere sich aufstellten. Vater hielt die Mutter, die viel weinte, der Kapitän betete und mein Bruder, in viele Laken gewickelt, wurde ins Meer gesenkt. Ich hatte den Eindruck, dass die Schiffsflagge in diesem Moment gefallen sei.
Am 7. September 1851 ankerten wir in Rio Grande. Dieser damalige Nationalfeiertag wurde mit „Mascarados na Ruas“ gefeiert. Diese maskierten Männer kamen mit allen anderen Menschen an den Strand, um die Ankunft des Segelboots zu genießen, was damals selten war. Meine Mutter hatte große Angst vor den Masken, weil viele maskierte Männer als Affen verkleidet waren und „Barba de Pau“ (Moos) an Kopf und Gesicht klebten. Mutter glaubte, im „Land der Verrückten“ angekommen zu sein. Aber sehr schnell fuhren wir weiter nach Porto Alegre.
Hier trafen wir zwei Herren, die Deutsch sprachen und sich um Auswanderer kümmerten. Sie waren Minister Sinimbu und Muritiba.
Mein Vater und die anderen Familien wurde freies Land angeboten in den fast unbekannten Kolonien von Santa Cruz, die provisorisch von einen Herr Buff verwaltet wurden.
In der sogenannten „Picada Nova“ ganz oben bei Sinimbu befanden sich die Kolonien, die sie erhielten. Mein Vater und mein Bruder Emil gingen zu Pferd dorthin und fanden einen tiefen, fast unbewohnten Urwald. Als sie dort ankamen, um das Land zu sehen, regnete es tagelang. Der kleine Rio Pardinho floss über, überflutete das ganze Land. Mein Vater und Emil mussten sich auf hohe Bäume retten. Nach zwei Tage und eine Nacht, als sie herunterkamen, dankten sie für ein solches “presente de grego” (unwillkommenes Geschenk), ritten zurück nach Rio Pardo, während die anderen dort blieben und als Siedler sehr glücklich wurden.
In Rio Pardo gab es zu dieser Zeit nur zwei deutsche Familien: Nicolau Hasslocher und Luchsinger, die ein Lagerhaus im sogenannten „Passo“ besaßen. Hasslocher war der Großvater von Dr. Germano Hasslocher und Ernesta Haensel, deren Ehemann, Stellvertreter Frederico Haensel, in der Revolution von 1889 im Hinterhof seines Hauses in der Rua da Figueira (Cidade Baixa) ermordet wurde. Die Sänger Amália Iracema Ferrari und Heidy Brugelmann waren seine Töchter, ebenso wie Frau Bahlke. Im Laufe der Jahre hatten wir mit ihnen immer eine aufrichtige Freundschaft. Die Luchsinger, die heute noch in Porto Alegre leben, sind Nachkommen dieses Paares aus Rio Pardo. Diese beiden Familien waren gute Freunde meiner Eltern.
Da Rio Pardo zu dieser Zeit eine sehr brasilianische Stadt war und meine Eltern kein Portugiesisch sprachen, gab es keine Möglichkeit, ein Geschäft zu unterhalten, um eine Familie mit fünf Kindern zu ernähren. Sie mussten nach großen finanziellen Verlusten nach Porto Alegre zurückkehren.
Die damalige Regierung, angeführt von Minister Sinimbu, eröffnete hier (Porto alegre) eine große Merino-Schaffarm. Der Außenminister, Herr Cidade, bot meinem Vater die Leitung dieses Unternehmen an. Auf der Straße „Mato Grosso“ kaufte die Regierung eine große „Chácara“ (Bauernhof) von Manduca Nunes, heute als „Chácara das Bananeiras, Posto Policial“ bekannt. Der „Morro da Polícia“ gehörte ebenfalls zur Farm.
Die Regierung hat viel Geld in dieses Unternehmen investiert. Sie baute einen großen und hohen massiven Stall und andere Gebäude. Sie importierte eine große Menge teurer Schafe, Maschinen, Pflüge und Werkzeuge für Plantagen. Das Unternehmen lief gut, aber es stellte sich heraus, dass nach dem Waschen und Scheren der Schafe niemand wusste, was man mit der Wolle anfangen sollte. Nach Jahren der Verluste beschloss die Regierung, die Zucht zu beenden, und verkaufte die Schafe für ein Butterbrot um sie loszuwerden. Die Gebäude wurden für viele Jahre verlassen, bis die Polizei Sie übernahm und bis heute dort ist. Es war schade, dass dieses Unternehmen für hier noch verfrüht war.
Ich habe immer noch schöne Erinnerungen an die Kindheit und Jugend der Farm, aber ich komme dazu in einer anderen Serie. Da werde ich von meinem Schmerz erzählen, keine deutsche Schule besuchen zu können, weil es zu dieser Zeit keine gab. Meine älteren Brüder waren bereits zur Schule gegangen, hatten bereits in Deutschland lesen und schreiben gelernt.
In dieser Serie möchte ich Ihnen nur noch Folgendes erzählen: Von meinem Schwager, Claras Ehemann, Baron Carl von Schwerin, zogen meine Eltern und ich nach Santa Cruz. Von Schwerin war eine wundervolle Person, an die ich mich immer gern erinnern werde. Er war immer sehr engagiert für mich und meine Eltern. Deshalb liebe ich seine Nachkommen, die in Santa Cruz und Porto Alegre leben, nicht allein, weil sie meine Liebe verdienen, sondern in Erinnerung an ihn und meine Schwester Clara.
Serie Nummer 2 (04.01.37) Vom grau behangenen Schulkentnisse – Erlangen ohne Deutsch Schule
In meiner Kindheit von 1852 bis 1860 gab es hier in Porto Alegre keine deutsche Schule, so wie es keine Deutsche Kirche mit Pfarrer und Gemeinde gab. Viel später gelang es uns durch Herrn Friderich Molz (Großvater des Baumeisters Pick), eine evangelische Gemeinde zu bilden, und ein Pfarrer aus Deutschland zu bringen.
Zu dieser Zeit waren brasilianische Schulen sehr primitiv. Meine erste Schule in der Rua da Igreja (heuser Duque de Caxias) war privat, mit einer Dona Maria Pitta, Großmutter des Arztes, der jetzt hier lebt, Dr. Pitta.
Ich als einziger Deutscher wurde nur wenig beachtet, und noc weniger zum kärglichen Unterricht zugezogen. Ich erinnere mich, dass sie mich nicht zur Teilnahme eingeladen haben, als sie als große Neuigkeit anfingen, Mädchen das Sticken und Stricken beizubringen. Aber ich habe genau aufgepasst, ich hatte schon gesehen, wie unsere Mutter viel gestickt und gestrickt hat. Sie machten Handgelenkswärmer mit gehäkelten „Capuchõesinhos“. Ich konnte es nicht ertragen und sagte, ich wüsste auch, wie man das macht. Ironischerweise sagte die Lehrerin: „Das will ich sehen!“, Und ohne Hilfe, die sie mir verweigerte, setzte ich mich zu den anderen – ich dachte gut wie die Mutter es machte – ich wickelte den Faden in meine Finger und strickte die erste Reihe, genau wie die anderen. Sie waren alle erstaunt und ich war sehr zufrieden.
Während ich jeden Tag zur Schule ging, wurden die gleichen Sprüche, die an der Wand hingen, kopiert. Es gab nie ein Diktat oder irgendetwas anderes. Die Schule hatte lange Pause, als unsere Lehrerin nach São Paulo reiste, um Verwandte zu besuchen.
Schließlich wurde eine Schule eröffnet in der Rua da Igreja anstelle des heutigen „Colégio Sevigne“, aber in ein viel kleineres Haus. Die Lehrerin hieß Dona Henriqueta Garoidort und musste die fortgeschritteneren Schüler unterrichten, die wir „Decrionas“ nannten. Meine Lehrerinen hießen Glicéria Torelli und ihre Schwester Fermina Torelli, die Ahnen der Torelli, die in Porto Alegre leben. Dort lernte ich ein und das war alles, was ich von der Schule hatte, aber ich tat alles mit Liebe und Begeisterung. Die Entfernung von der „Chácara“ zur Schule war groß und das machte alles sehr schwierig, da ich im Internat in der Stadt bleiben musste. Ich denke, deshalb hat es nicht lange gedauert und die sehr schwachen Klassen haben mir nicht viel beigebracht.
Mein ganzer Wunsch war es jedoch, Deutsch zu lernen und dies ohne Schule. Dies habe ich wie folgt erreicht: Meine Eltern haben sich viel mit der Familie Engel verstanden. Er war der Vater der Witwe Tollens und der verstorbenen Frau Jenneret Bahrensdorf. Ich muss als klein Kind wohl mal gesagt haben, wie gerne ich Deutsch lernen möchte. Er hatte eine Hutmacherei in der Rua da Praia. Eines Tages gab er mir eine Fibel; ein weiteres Buch mit deutschen Liedern; noch ein sehr dickes Buch mit kleinen deutschen Geschichten; und ein anderes, das „Heirich von Eichenfels kam zur Erkentniss Gott “ genannt wurde. Meine Freude war so groß, dass ich den Eindruck hatte, eine halbe Welt erhalten zu haben !!!
Mutter brachte mir die Buchstaben bei und begann mit dem Lesen. Von da an lernte ich jeden Tag stundenlang. Als ich müde wurde, schlug ich das Liederbuch auf, von dem meine Mutter bereits viele unterrichtet hatte. Sie brachte mir alle Lieder bei, die ich noch nicht kannte, und selbst heute, im Alter von 90 Jahren, kenne ich noch die ersten Verse und Melodien fast aller deutschen Lieder. Im Laufe der Jahre habe ich ein paar mehr gelernt und bis heute singe ich sie gerne und folge ihnen mit der Zither. In der Chácara gab es eine sehr große Bananenstraße, und dort sang ich stundenlang meine Lieder, ganz allein. Später las ich die Geschichten. Da ich es liebte, eins nach dem anderen zu lesen, waren sie wunderbar, es gab keinen, den ich nicht mochte. Ich habe sie nie vergessen. Ich bedauere, dass diese kleinen Bücher nicht mehr existieren.
Und dann war es Zeit für Malvine und ich konfirmiert zu werden. In Hamburger-Berg (glaube ich)(Hamburgo Velho) wohnte Pfarrer Haespert. Er hatte wohl einen Defekt am Fuß da er etwas lahmte. Er kannte einen Deutschlehrer namens Albrecht, der an der Dr. Flores lebte, der heutigen Leopoldina gegenüber. Dieser Herr Albrecht sollte uns zwei und zwölf weitere Konfirmanden einmal pro Woche unterrichten. Wir haben diese Kurse sechs Wochen lang besucht, leider sehr schwach und unzureichend. Eines Tages kam Pastor Haespert und in demselben Haus, in dem wir Unterricht hatten, stellten sie zwei Kerzen auf eine Seite eines Kruzifixes, und da waren wir konfirmiert.
Malvine erhielt den Satz aus der Bibel: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte“.
Ich erhielt die Worte: „Rufe mich an in der Not“. Ich habe dieses Sprichwort in der Bibel nie vergessen und es als Andenken an die Verzweiflung verwendet. Meine anderen Brüder waren alle schon in Deutschland konfirmiert worden.
Mein Bruder Emil arbeitete als Lehrling bei Baumeister Kupplich (Großvater meines derzeitigen Nachbarn).
Bruder Carl half dem Vater auf der Chácara. Dabei als er einen „Maricá-Ast“ fallen ließ, riss das Ast sein Arm und verletzte den Nerv eines Auges. Deshalb musste er immer eine Sonnenbrille tragen. Er heiratete später eine Brasilianerin. Jahre später zog er nach Candelária, wo er früh starb. Er war nicht glücklich. Seine drei Kinder zogen später zu uns. Malvine nahm Alzira zu sich, Jeny Heuser, den Jungen, der bald verstarb. Mercedes war bei mir, bis sie von Wollwitz heiratete. Später werde ich noch einmal über diese drei Kinder sprechen.
Serie Nummer 3 – Wie meine grosse Musikfreude entstand
Um dies zu erzählen, muss ich Ihnen zunächst den Bau des Theaters São Pedro erzählen, das vom Ingenieur Philipp von Normann erbaut wurde (der auch den großen „Baillante“ gebaut hat, der später durch das „Auditório Araújo Vianna“ ersetzt wurde „[und dieser wiederum vom heutigen Legislativpalast]).
Die Normanns waren sehr eng mit meinen Eltern befreundet, und da sie keine Kinder hatten, verbrachte meine Schwester Clara viel Zeit mit ihnen. Zur Eröffnung des Theaters gelang es der Regierung, eine sehr gute Opernkompanie hierher zu bringen. Ich kann mich nicht erinnern, hier in Porto Alegre einer besseren gesehen zu haben. Der Name des Tenors war Lelmi und der der „Primadona“ Baietti. [die Namen sind nicht ganz lesbar] Als Erbauer des Theaters von São Pedro hatte Herr von Normann immer eine reservierte Loge und Clara begleitete immer das Paar. Es war ein großes Glück für uns, da Malvine und ich manchmal abwechselnd gehen konnten. Auf diese Weise sah und hörte ich „O Trovador“, „Norma“, „Lucia di Lammermor“! Als ich den „Trovador“ zum ersten Mal sah, war meine Begeisterung unglaublich!! Diese Begeisterung für Musik hat mich in meinen 90 Jahren nicht verlassen. Damals muss ich 8 bis 9 Jahre alt gewesen sein. Am nächsten Tag fiel mir nichts anderes ein und ich glaubte auch, die Melodien zu kennen. Ich rannte zum Fuße des nicht weit entfernten Morro da Policia, kletterte auf einen Felsen und sang die Melodien mit aller Kraft und stellte mir immer den Verlauf der Oper vor. Ich wollte nun auch etwas Musik spielen lernen, aber das war nicht möglich.
Meine Mutter hatte eine sehr schöne Stimme. Sie hat immer Oppernmelodien für mich und meine Schwestern gesungen. Sie deklamierte auch so gut. Ich hörte mit Anbetung zu und behielt die Melodien. Diejenigen, die ich nicht konnte, lernte ich später im Leben. Und bis heute kenne ich fast alle Anfänge der Opern und Melodien von Liedern sowie die Worte.
Jetzt komme ich zu meinem musikalischen Anfang. Dort im „Morro do Cemitério“ lebte eine uns bekannte Familie Guedes. Die Tochter dieses Paares, Paulina Guedes, spielte Gitarre. Sie war bereit, mir das Instrument für 5.000 Reis zu verkaufen und dazu das Spielen zu lehren. Ich ging dann zu ihr zum Unterricht. Ich lernte einige Begleitakkorde und konnte ihren Melodien (Modinhas) folgen. Eines Tages ging ich ahnungslos zur Stunde und fand das Haus geschlossen, Die Nachbarn sagten mir, Paulina habe sich selbst erschossen und sei gestorben. Die Familie war umgezogen und Paulina war nicht mehr da, weder noch die Gitarre! Mein Lernen war damit vorbei. Sehr traurig, kehrte ich nach Hause zurück und mein Studium endete damit.
Jahre vergingen. Durch die Familie Normann traf ich eine Freundin namens Celeste de Castro. Ihre Eltern waren Nachbarn der Familie Normann, sie lebten in dem Haus, in dem heute und „Sanatório Dias Fernandes“. Auf der anderen Straßenseite, gegenüber, befand sich die Rückseite des Theaters von São Pedro. Herr Castro, ein wohlhabender Portugiese, Dona Izolina, eine Französin, waren immer sehr lieb zu mir. Celeste, ein Einzelkind, intelligent und fröhlich, spielte sehr gut Klavier, für die damaligen Bedingungen. Ich wurde ich wiederholt von ihnen eingeladen. Später waren sie auch länger bei uns zu Besuch in Santa Cruz. Celeste lehrte mich etwas Piano zu spielen, hauptsächlich die brasilianischen Lieder wie: „Meu Anjo Escuta“, „Meia Noite no Bronze da Torre“, „Tão longe de mim distante“, „Do Porto a Flor“, und viele mehr. Alles in Mode. Sie folgte und war sehr glücklich und dachte, sie wisse schon viel. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, um zu singen und Klavier zu spielen.
Aber eines Tages musste ich mit Mutter auf Wunsch von Clara und Carl von Schwerin, der dort der erste Direktor der Kolonie war, nach Santa Cruz ziehen. Clara erwartete das erste Baby. Jeny Heuser wurde geboren. Unsere Mutter verbrachte einige Zeit dort und kehrte nach Porto Alegre zurück, als Clara stärker war. Ich blieb noch einige Zeit in Santa Cruz. Dort trafen wir die Familie Lewis, sie Dona Carlotta genannt. Er war Amerikaner und sie aus der Familie des Marschalls Menna Barretto. Sie war sehr reich. Alle Gebiete um Santa Cruz und das Feld zu „Cannabarro“ gehörten Ihrem Vater. Sie war sehr schön und hatte vier Töchter, aber sie war sehr gemein zu ihren Sklaven. Später zogen sie nach Porto Alegre und kauften ein luxuriöses Haus. Später traf ich sie zusammen mit Celeste mehrmals. Die schönen Mädchen heirateten dann, das erste mit Dr. Brandão, das zweite mit Gustavo Leyvaud, Sekretär der Post, das dritte mit Ernesto Alves aus Rio Pardo und das letzte mit Francisco Falckenbach. Jahre später erfuhr ich, dass die vier das Vermögen verloren, das sie von ihrem Vater geerbt hatten. Dona Calota starb im Haus einer natürlichen Enkelin in einer Ecke eines Siedlerhauses in völligem Elend. Was für ein Schicksal!
Celeste war aber immer meine gute Freundin. Wir besuchten öfters die Familie Cordeiro. Er hatte eine Tanzschule direkt vor Celestes Haus, wo sich heute das große öffentliche Archiv befindet. Herr Cordeiro hatte fünf Töchter und alle musikalisch. Die älteste, Chiquinha Cordeiro, war lange Zeit die einzige Klavierlehrerin in Porto Alegre. Die zweite Tochter, Candinha, war sehr schön und spielte auch sehr gut Klavier, was zu dieser Zeit in Porto Alegre eine Seltenheit war. Was für eine schöne Zeit ich im Haus der Familie Cordeiro habe ich verbracht! Öfters gingen wir in formeller Kleidung zur „Soirée“ in der „Baillante“. „Oh! Que Bellesa!“
Der Präsident des Staates war ein alter Mann, Cirne Lima. Er war Witwer und verliebte sich in Candinha. Natürlich war seine einzige Tochter sehr dagegen. Sie hieß Panchita. Aber das Paar hat es geschafft, ihre Meinung zu ändern. Celeste und Panchita wurden später gute Freunde. Es gab eine große Hochzeit; Celeste und ich als Freunde wurden ebenfalls eingeladen. Was für ein Glück! Meine Mutter zerlegte ein wunderschönes Seidenkleid, immer noch aus Deutschland, und machte es zu einem wunderschönen Kleid für mich. Liebe Mama hatte das Geschick um zu tun, was sie wollte, genau wie meine liebe Alice. Für die Party erhielt ich auch einen kleinen Rosenkranz und von meiner Mutter ein goldenes Signalhorn. Oh! Ich dachte, ich wäre die Schönste und Feinste. Was mich wirklich beeindruckte, war, dass sie bei unserer Rückkehr aus der Kirche die Braut in einem Schleier, Kranz und Kleid aus feinstem Satin (Atlas) zum Klavier brachten und sie die Gottschald-Nationalhymne spielte. Es gab einen riesigen Tisch mit Süßigkeiten und es wurde getanzt.
Das Brautpaar zog in den Palast, der nicht so schön war wie heute. Die jetzige Dr. Cirne Lima, verheiratet mit Judith Masson ist ein Sohn dieser Ehe. Chiquinha lebte ihre letzten Tage zu Hause. Viele Jahre später erzählte ich Dona Judith in Torres, dass ich auf der Hochzeit ihrer Eltern war. Sie bewunderte sich wirklich.
Cordeiros dritte Tochter, Luiza, heiratete ein Brochado, Willys ehemaligen Partner. Die jüngste heiratete ein „Poeta“, verwandt mit der Familie von Drug.
Von Celestes Haus aus hatte ich die Gelegenheit, D. Pedro II und Prinz Gastão auf der Praça Dom Pedro II zu sehen. Sie kamen hier während des Paraguay-Krieges durch. Das ist jetzt alles vorbei.
Als ich mit meinen Eltern und Emil nach Santa Cruz zog, traf ich einen jungen Mann, der völlig anders war als alle anderen Jungen, die ich in meinem Leben getroffen habe. Mein lieber und guter Carlos. Er hat sein Leben nur dem Studium und der Arbeit gewidmet, das hat mich verzaubert. Er liebte seine Verwandten und hatte die ganze Hingabe für sie, alle anderen ließ er den Weg gehen wie jeder möchte. Mädchen und Damen ging er soweit als möglich. Nur Freund Schwerin schenkte er die ganze Aufmerksamkeit und hatte großen Respekt vor ihm. Schwerin erkannte seine Arbeit und nahm ihn mit, um bei Landmessungen zu helfen. Bis zu Schwerins vorzeitigem Tod war er nicht nur ein Angestellter von ihm, sondern auch ein Begleiter.
Carlos war sein ganzes Leben lang in allen Handlungen ein korrekter Mann. Er konnte gefühlvoll Zither spielen, und damit wurde meine große Liebe zur Musik wiedergeboren. Ah! Ich wollte unbedingt auch spielen lernen. Aber wie? Er schämte sich, mich zu unterrichten, ich schämte mich, ihn zu bitten, mich zu unterrichten. Aber mit der Zeit wurden wir immer intimer und ich konnte anfangen, auf seine Zither zu lernen. Carlos reiste viel mit Schwerin, nahm Messungen des Landes.
Da ich allein war, konnte ich die Zither sehr genießen, und immer mehr lernen. Aber jetzt kam der Wunsch, mein eigenes Instrument zu haben. Aber wie? Ich hatte gehört, dass man in der Casa Gertum in Porto Alegre eine Zither kaufen kann. Als Mama zu Besuch kam, hörte sie von meinem großen Verlangen. Ich ging mit ihr nach Porto Alegre und sie gab mir „1 Unze“ in Gold, denn mehr sollte sie nicht kosten. Ich ging zu Gertum an der Doca (er war der Vater von Emil und Hugo Gertum und Frau Luederitz. Gertum sagte mir, dass der Preis 40.000 Réis betrug. Sehr traurig zog ich ab. Wir waren zu Gast bei Celestes Mutter – Dona Izolina. Celestes Vater war bereits verstorben. Ich saß in einer Ecke und weinte wegen meiner Zither sehr bittere Tränen. Dona Izolina fragte, warum ich weinte. Ich erzählte meine Geschichte. Sie verließ den Raum und als sie zurückkam, sagte sie: „Spare dein Geld für etwas anderes; nehme dies und hol dir die Zither“. Ich könnte jubeln, singen und tanzen, wie dort in Chácara, als ich „Trovador“ am Fuße Morro da Policia sang. Nun holte ich die Zither, erhielt immer noch ein Notizbuch, und Noten dazu. Ich strahlte und kehrte nach Santa Cruz zurück, wo ich jeden Tag stundenlang lernte.
Als Carlos zurückkam, staunte er über meine Fortschritte. Schwerin nahm an der Freude teil und bestellte eine große Anzahl von Partituren aus Deutschland. Carlos bestellte mehr Partituren für zwei Zithern, er selbst schrieb auch mehrere. Wir fingen an, unsere Duette zu spielen. Ich musste lernen und üben, aber Carlos spielte sofort alles. Wie glücklich diese Stunden waren!
Die Jahre vergingen. Am 4. August 1870 war unsere Hochzeit, ebenso wie die Carlos Schwester Emma mit Oscar Cannstatt. Emma reiste dann nach Deutschland und Mama Trein sah sie nie wieder. Obwohl ich im August geheiratet hatte, hatte ich bis zu seinem Tod die glücklichste Ehe, die ich mir mit meinem lieben Carlos vorstellen konnte. Niemals, niemals hatte er ein hartes Wort für mich. Liebevoll beschützte er unsere Familie bis zum Ende. Ehre und Dankbarkeit sind die Gefühle, die ich seiner Erinnerung schulde.
Als die Umstände ihm es erlaubten, überraschte er mich mit einem neuen schönen Piano, das auch von unseren beiden Mädchen, Emma und Alice, zum Lernen verwendet wurde. Carlos hatte dann auch Violine gelernt und ich übte fleißig Piano. Abends spielten wir dann allerhand von Schubert, Hayden, Strauss usw. Unsere Töchter haben Klavier bei Lehrer Keber gelernt. Beide hatten auch solches Musiktalent, dass sie in kurzer Zeit besser spielten als ich.
Ich weiß nicht, warum ich gehört habe, Klavier zu spielen. Erst Jahre später, als die Mädchen in der Normal-Schule waren, habe ich ich die Zither wiedergewählt. Als meine Mutter mit unseren verwaisten Enkelkindern Alice und Irma Meinhardt in unserem Haus zog, spielte Alicinha Meinhardt gut Bandolin, was damals Mode war und sang dabei „Modinhas“. In der Casa Voigt haben wir viele Musikhefet gekauft für Zither und Bandolin. Abends, wenn alle im Haus schliefen, gingen wir weit vorgelegen Saal und spielten zusammen stundenlang. Es war ein Genuß!. Als wir Santa Cruz verliessen, gab ich die Zither wieder auf.
Die Jahre vergingen. Ich zog mit Carlos in die italienischen Kolonien, wo die Eisenbahn von Carlos Barbosas nach Alfredo Chaves gebaut wurde. Carlos war der Chef viele jungen Ingenieure. Meine Zither reiste mit. Zwei Ingenieure, Dr. Tejo und Dr. Mario, spielten Flöte und ich begleitete sie. Es war aber nicht viel damit los. Als das harte Schicksal mir zu früh mein treuen Begleiter Carlos stahl, hielt ich meine und seine Zither hoch in Ehren.
Nun als 80-Jährige bis fast 90-Jährige nahm ich die Zither mit zum Seebad Torres. Es war ein herrlicher Zeitvertreib. Ich habe Abends öfters gespielt und hatte manchmal sogar einige Zuhörer. Bis heute setze ich oft allein im Keller und spiele für mich selbst. Ich denke darüber nach, wie viel das Wenige, das ich spielen kann, mich im Leben erfreute. Bis heute im hohen Alter geht keine Kunst, kein Genuss über schöne Musik. Fast 90 Jahre lang liebte ich ihr treu.
Nachtrag
Sogar nach Petrópolis, wo Malvina Bartholomay und ihr Mann lebten (er war der erste Direktor von Petrópolis), nahm ich die Zither zu Pferd. Es war eine lange Reise durch São Leopoldo, Linha Nova usw. Ich musste wegen der Cholera in Porto Alegre lange dort bleiben. Die Zither verhalf dort mein Großes Heimweh nach Santa Cruz zu überwinden und ich machte gute Fortschritte.
Serie Nummer 4 – Meine Jugend in der Chácara
Eigentlich war meine Jugend nicht einsam in Begleitung meiner Schwester Malvine. Clara war ein sehr schönes Mädchen und viel Besucher bei Familie Normann. Dort lernte sie Carl von Schwerin kennen und heiratete ihn im Alter von 15 Jahren, und zog dann fort nach Santa Cruz.
Wir hatten vornehme Nachbarn, die Familie von Jose Ricardo Abreu. Zwei dessen Töchter heirateten später die beiden Offiziere Salgados. Eine weitere mit Domingos dos Santos und eine mit Masson, den Großeltern der Familie Cirne Lima. Malvina wurde viel von der Familie von Jose Ricardo de Abreu zu Bällen und sehr traditionellen Partys wie „Festa de São João“ mit Abendessen, Lagerfeuer und Glücksbringer eingeladen. Alle Vergnügungen, an die heute niemand mehr denkt. Während der Drei Feiertage des „Festa do Espírito Santo“ gab es im Palast wunderschöne Bälle mit Feuerwerk, Musik usw. Die Mutter ging während der Drei Tage der „Festa dos Reis zu „Menino Deus“. Dort gab es die „Danças das Jardineiras“ auf „tablados“, und auch Reiten und Feuerwek. Alles war schön, aber diese waren auch die einzigen Partys für die Menschen. Es gab keine Kinos oder Regatten, Konzerte usw. Wir haben alles geliebt und waren sehr glücklich. Ich freute mich sehr wenn Besuche die Familie Normann oder D. Izalina mit Celeste, oder Carl Jansen und Familie. Langeweile hatte ich nicht. Im Sommer suchten wir nach Mittags viele Gavirolas, Pitangas und Araçá, die wir im Überfluss ernteten. Auf einem Spaziergang fanden wir einen großen Ameisenhaufen, mit einem Stock bewegten wir uns viel, wir sahen einige lange Dinge darin. Ich nahm etwas heraus, riss den Umschlag auf, der aussah wie Papier und was für eine Angst! Sie waren voller Schlangen, kleiner Korallenschlangen. Sicherlich hat die Mutterschlange diese im Ameisenhaufen zurückgelassen, um sie von der Hitze der Sonne zu inkubieren. Ich rannte mit großer Angst, dass die Schlangen hinter mir her sein würden, was nicht der Fall war.
Ich habe damals viele Blumen gepflanzt. Mit wenig Schulgehen, aber immer slebst lernend, verging die Zeit.
Ich wuchs langsam größer.
Mein Bruder Carl und die Schwestern Clara und Malvina fanden die Begründung ihrer Lebenszukunft auf der Chácara. Emil und ich jedoch in Santa Cruz.
Carl heiratete, wie ich schon sagte, die Enkelin einer reichen Beuernin, die bereits sehr alt war. Als sie mit 100 Sklaven an der Revolution von 1835 teilnahm und ihre Farm verteidigte, richtete sie erheblichen Schaden an. Sie soll eine sehr mutige und wütende Frau gewesen sein. Als ich sie traf, war sie bereits sehr alt und ihr Kopf war sehr weiß. Sie saß immer auf einem improvisierten Holzstuhl, den sie „Meine Marquise“ nannte. Freitags Abend mussten sich alle ihrer „Negrada“ (wie sie immer sagte) vorstellen, um den Rosenkranz zu beten. Das Gebet dauerte lange, da alle Heiligen in Erinnerung blieben und Bitten an sie gerichtet wurden. Aber als Schwarze aufgrund der täglichen Arbeit müde wurden, hatte sie einen langen Stock, mit dem sie sie animieren konnte. Ich habe das alles einmal gesehen, aber nie wieder.
Bei Carls Hochzeit gab es Zuckermaiskuchen, Süßkartoffel und Kokosnuss sowie Kürbis mit Tee und Capilé (Himbeersaft). Carl blieb bei seiner Frau, die in unserem Haus lebte, und als das erste Baby kam, war ich derjenige, der die Lizenz hatte, den Namen zu nennen. Da ich gerade den Roman „Monte Cristo“ gelesen hatte, nannte ich es Mercedes. Dieses Kind lieferte später viele Episoden in unserem Haus und anderen.
Auf Schwerins Veranlassung zog Carl später nach Candelária und dort hatte er eine weitere Tochter, Alzira, und einen Sohn, Carl. Er starb früh in Candelária. Die Frau zog zu ihren Tanten nach Porto Alegre. Später, als ich bereits die Mittel dafür hatte, bat unsere Mutter, sich um sie zu kümmern. Als ich nach Santa Cruz zurückkehrte, brachte ich die drei bereits mit mir. Alzira blieb mit Malvine, die zu dieser Zeit auch in Santa Cruz lebte, blieb mit, Mercedes blieb bei mir und der Junge Carl, der sehr früh starb, blieb bei Jeny Heuser.
Mercedes, die Lili hieß, war ein schönes, fleißiges und treues Mädchen. Als sie aufwuchs, hatte sie bald mehrere Anbeter: mein Schwager Otto, Pedro Castello, (unlesbar).
Aber dann kam Graf von Wollwitz und sie wurde schnell dessen Frau. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, das Mädchen starb früh, Hans wurde später Zahntechniker in Bagé, Germano war mein Patensohn und hatte einen guten Charakter. Wollwitz stammte aus einer feinen Familie in Sachsen. Der alte Graf soll Artzt des Königs gewesen sein. Sein Sohn Adolf Eiche von Wollwitz hatte in Deutschland dumme Jugendstreiche beim Militär gemacht, und sein Vater schickte ihn weg. Hier, durch Koseritz, nahm ihn Bartholomay als Sekretär nach Petrópolis, und auf seinen Reisen nach Santa Cruz brachte er immer Wollwitz mit, der sich hier immer bestmöglich benahm. Aber finanziell war seine Situation nicht gut. Seine Familie hat nie nach im gefragt. Leider wurde Wollwitz plötzlich krank. Kaum war ein Artzt geholt, starb er an einem Herzinfarkt. Lili sagte sofort zu mir: „Tante, ich habe nur 5.000 Réis in meinem Besitz.“ Und dann? Mein guter Carlos musste sich für die Beerdigung um alles kümmern. Dann wurde unser kleines Zimmer geleert und Lili zog mit ihren drei Kindern zu uns nach Hause.
Carlos schrieb bald nach Deutschland, an die Verwandten. Anfangs erfolglos, schrieb er dann erneut darüber, was aus den Kindern mit den Namen von Wollwitz ohne Bildung sein würde. Dann starb in Deutschland der Vater und die Mutter sandte monatlich die Menge von 100.000 Réis (zu wenig für 4 Personen). Nach vier Jahren mietete Carlos ein kleines Haus vor unserem und sie zog dorthin. Carlos bezahlte weiterhin die Miete und die Kosten. Dann starb eine alte Tante in Deutschland und ein kleines Erbe kam, das half. Die Kinder waren schon in der Schule. Ein guter italienischer Zahnarzt zog nach Santa Cruz, Lili war immer noch hübsch und Pagana, so hieß sie, heiratete sie. Es war immer sehr gut für sie, und dann zog er nach Bagé, wo er sehr gut verdiente. Später lebte sie in Santa Maria, wo er auch sehr gut verdiente. Lili entihelt danach noch zwei Erbschaften.
Germano hatte viel von seinem Anteil in der Erben gespart und konnte damit nach Porto Alegre gehen, um Medizin zu studieren. Er war gut und sparsam. Als sein Stiefvater starb, bleib die Witwe mit sieben Kindern. Dann zogen sie alle nach Porto Alegre und Germano erzog auf seine Kosten alle Stiefgeschwister. Später ließ ihn ein Onkel aus Sachsen wegen Erbschaft rufen, da sein Großvater der Privatarzt des Königs gewesen sei. Als er in Deutschland war, brach Krieg aus. Als Reichsdeutscher musste er kämpfen und wurde verhaftet. Als Arzt ging er in ein Krankenhaus und blieb dort bis zum Kriegsende. Er reiste zurück, heiratete seine Braut und kehrte nach Brasilien zurück. Hier war er Arzt in Rio Grande, dann in Bagé. Er hat dann mit mir korrespondiert.
Hedwig Textor Trein
Porto Alegre
R. São Rafael N. 843